Jedes moderne und intuitive Unternehmen wünscht sich eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Solch einen Prozess (KVP) einzuführen, ist allerdings alles andere als trivial. Diese sehr wichtige Praktik kann einen Betrieb enorm nach vorne bringen und großen Erfolg bedeuten, oder aber auch zu einem langfristigen Kampf ausarten, der die optimale Produktivität lange fern hält. Stakeholder zu identifizieren – welche ggf. gegen Sie oder den Prozess arbeiten – ist eines der großen Potentiale im KVP. Als Grundlage zur Ermittlung von Stakeholdern und deren Unzufriedenheiten dient eine Stakeholder Map. Agile Software zeigt wie es geht.
Eine der ersten großen Fragen, auf die man im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess stößt, ist, wie man die Stakeholder dazu bekommt, mitzuarbeiten. Als Grundlage dient eine Stakeholder Map. Doch wie erstellt oder zeichnet man diese richtig? Wir geben Aufschluss darüber und haben eine Schritt-für-Schritt-Anleitung vorbereitet.
Visualisieren und verbandeln
Ein guter Einstiegspunkt ist, alle Stakeholder mal zu identifizieren und dann deren Beziehungen zueinander zu skizzieren. Doch wer sind diese Stakeholder? Stakeholder sind grundsätzlich all jene, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang und Ergebnis der von Ihrer initiierten Change Initiative haben. Dabei unterscheiden wir zwischen internen und externen Stakeholdern.
- Interne Stakeholder sind direkt von der Change-Initiative betroffen – also zB alle, welche direkt dann mit dem neuen Kanban-System arbeiten.
- Externe Stakeholder spüren den Change-Anstoß durch neue Systeme oder neue Prozesse nur unmittelbar und werden vermutlich nicht jeden Tag mit neuen Entscheidungen konfrontiert, haben aber trotzdem ein bestimmtes Interesse am Ergebnis.
Beide Parteien müssen ermittelt und in einer Problem/Lösung-Gleichung mit einberechnet werden, was sich auch oft als extrem nützlich für die Organisation erweist und ein klarer Win-Win für alle bedeutet. Aber wie beginnen wir?
Eine Stakeholder Map erstellen
Hier eine kurze 5-Schritt-Anleitung laut Dr. Klaus Leopold zur Identifizierung und Ermittlung von Stakeholder:
Schritt 1: Stakeholder Brainstorming
Beginnen Sie damit eine Liste aller Key Stakeholder zu erstellen. Wer sind Ihre Schlüsselpersonen? Sind sie intern, extern oder beides? Gehen Sie dabei allen Ihnen bekannten Abteilungen durch und vergessen Sie keine (Vertrieb/Verkauf, Betrieb, Akquisition, Kunden, Qualitätskontrolle, Lieferanten, Betriebsrat usw.).
Schritt 2: Einfluss und Macht visualisieren
Jetzt, wo wir eine umfassende Liste vor uns liegen haben, visualisieren wir den Einfluss bzw. die Macht jedes einzelnen Stakeholders. Eine Möglichkeit ist, unterschiedlich große Karten zu verwenden. Große Karten für starken Einfluss – kleine Karten für weniger Einfluss.
Schritt 3: Stakeholder an Bord holen
Wir nutzen nun die Chance, um unsere “Beeinflusser” und deren Sympathie bzw. Antipathie für unser Projekt visuell zu repräsentieren. Ziel sollte sein, alle Akteure für unsere Initiative zu begeistern (manche Coaches sprechen hier von “buy-in” also “einzukaufen”). Manche davon sind schwerer zu erreichen bzw. zu überzeugen, manche einfacher. Unsere (Kanban)-Change-Initiative soll bei der Visualisierung den Schwerpunkt darstellen. Die in Schritt 2 ausgearbeiteten “Einfluss-Karten” platzieren Sie rundherum in einer räumlichen Beziehung zueinander – nah für alle die dem Projekt positiv gegenüber stehen – etwas weiter weg für all jene, von den Sie denken, dass sie (noch) gegen Ihre Veränderungsinitiative sind.
Diese Ausarbeitung hilft Ihnen zwei wichtige Dinge zu sehen:
- Wie stark jeder Einfluss ist.
- Wie positiv/negativ dieser im Bezug zur Initiative ist.
Schritt 4: Beziehungen visualisieren
Beginnen wir nun damit, die Beziehungen der oben visualisierten Stakeholder festzuhalten. Dazu zeichnen wir Linien zwischen den Akteuren, um zu zeigen, wie die wirklichen Beziehungen untereinander aussehen.
- Durchgezogene Linien für gute Beziehungen zwischen den beiden Beteiligten.
- Gepunktete Linien für eine Beziehung die zwar vorhanden, vielleicht aber nicht sehr stark oder die Kommunikation schwach/unregelmäßig ist.
Verwenden Sie ruhig zwei oder drei parallelen Linien, um eine gesunde, starke Beziehung zwischen zwei Akteuren zu zeigen. Am Ende erhalten Sie eine graphische Darstellung über Stärke und Kraft des Einflusses sowie der Art der jeweiligen Beziehung.
Diese Ausarbeitung hilft Ihnen:
- Wichtige Interessensgruppen zu identifizieren.
- Wer aller daran (un)mittelbar beteiligt ist.
- Wer darauf Einfluss hat.
Schritt 5: Emotionen visualisieren
Visualisieren Sie nun die Art dieser Beziehungen. Sind diese Akteure freundlich, feindlich oder empfinden diese Ihnen gegenüber gar eine Hassliebe? Was wir nun versuchen zu verstehen ist, wie sich diese Gruppen auf die vorgeschlagenen Änderungen verhalten werden. Diese Visualisierung hilft dem Team beurteilen zu können, ob sie dafür sind und helfen wollen, oder ob sie dagegen sind und Widerstand leisten. Dafür genügen zwei einfache Icons:
- Ein Herz bedeutet eine starke, positive Allianz
- Ein Donnerschlag steht für kontra- oder schwierige Beziehung
Wie Sie sehen, muss hier keine Raketenwissenschaft betrieben werden, um erste brauchbare Resultate zu liefern. Vielmehr ist unsere Map ein perfektes Werkzeug, um eine Strategie festzulegen, wie man Stakeholder definiert und für die Kanban-Change-Initiative gewinnen kann. Und wenn Sie diese Karte mit einem ganzen Change-Team entwickeln, stehen die Chancen hoch, dass diese sehr nahe an der Realität ist.
Unzufriedenheiten entdecken
Jetzt, wo die wichtigsten Beteiligten erkannt wurden, ist man bereit, sich ihnen anzunähern, um sie ins Boot zu holen. Kanban kann dabei helfen, deren Unzufriedenheiten zu visualisieren, zu besprechen und konkrete Maßnahmen zu initiieren. Also müssen Sie herausfinden, was die Unzufriedenheiten Ihrer Stakeholder sind. Wer Gedankenlesens kann, sollte dies probieren. Ich halte jedoch das berühmte “ASK”-Verfahren für die zuverlässigste Methode: zu den Menschen hingehen und fragen – es funktioniert wirklich ;)
Einzel- oder Gruppeninterviews? Egal, wie Sie wollen. Ein Blick auf Ihre Stakeholder Map wird Ihnen helfen. Die Unzufriedenheiten sollen gesammelt und danach in einer Rangliste festgehalten werden (entsprechend der Reihenfolge ihrer Prioritäten). Geben Sie Ihren Stakeholdern zu verstehen, dass Ihre Bemühungen nicht Richtung Kanban gehen, sondern Richtung Verbesserung. Kanban ist nur ein Mittel zum Zweck. Und in Kanban sind Stakeholder Maps erwünscht. Aber das eigentliche Ziel ist und bleibt, Arbeit zu verbessern!
Treffen Sie keine weiteren Annahmen mehr zu diesem oder jenem Thema! Es muss kein großer Wurf gelingen. Jeder Schritt bringt Sie näher ans Ziel! Und wer das “Rätselraten” abschafft und die Zeit besser für ehrliche und direkte Kommunikationswege nutzt, kommst schneller zu einer Lösung!