Kanban in der Softwareentwicklung

Kanban in der Softwareentwicklung

Kanban versteht sich als die organisatorische Umsetzung des japanischen “Kaizen”-Prinzips. Kaizen steht für gelebten, niemals endenden KVP (Kontinuierlicher Verbesserungs-Prozess). Mit Hilfe eines Kanban-Boards lässt sich die gesamte Wertschöpfungskette mit den einzelnen Prozessschritten für alle Beteiligte visualisieren. Damit wird gleich eines der Grundprinzipien von Kanban erfüllt: Den Arbeitsfluss sichtbar machen. Wir erklären, warum das so ist und warum die Menge der angefangenen Arbeit („Tickets“) begrenzt ist.

Software-Kanban nach David J. Anderson

In einem Kanban-System wird die Arbeit nach dem Pull-Prinzip verteilt: Anstatt fertige Aufgaben an die nächste Station zu übergeben, holt sich diese aktiv das nächste Ticket, sobald sie Kapazität frei hat. Und das ist nur der Fall, solange sie eine definierte Maximalzahl paralleler Aufgaben nicht überschritten hat. Der Durchfluss wird gemessen und gesteuert.

Typische Messgrößen sind die Länge von Warteschlangen, die Zykluszeit und der Durchsatz. Die Mitglieder des Prozesses messen und melden diese Werte. So wird ein etwaiger Verbesserungsbedarf erkennbar – und die Planung erleichtert. Alle Regeln für den Prozess sind für alle Beteiligten explizit – dazu gehört zB eine Definition von “fertig” (Definition of done). Jeder fühlt sich für den Erfolg mitverantwortlich: Nur wenn sich alle Ebenen der Organisation beteiligen, lassen sich tatsächlich Verbesserungen erzielen.

Kanban in der Softwareentwicklung

Seit dem Buch von Anderson hat sich einiges getan. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Softwarewerkzeugen, die sich anheischig machen, die “Zettelwirtschaft” abzulösen. Dazu zählen beispielsweise Jira, LeanKit, Kanbanery oder Projectplace. Viele IT-Verantwortliche sehen darin nicht unbedingt einen Fortschritt. Nur bei Unternehmens-übergreifenden und geografisch verteilten Projekten, finden wir den Einsatz solcher Tools sinnvoll.

Fast immer bringt ein physisches Board einfach mehr. Vor allem erfahrene Kanban-Anwender sind davon überzeugt, dass man bewusst auf Software-Tools verzichten soll, um selbst festzustellen wie gut es einem Team tut vor dem Board zu stehen und zu diskutieren. Nach ein paar Wochen oder Monaten ist Softwareunterstützung plötzlich kein Thema mehr. Einem digitalen Tool fehlen halt einfach die Haptik und der kommunikative Faktor.

Die Mitarbeiter lernen die großen, physischen Boards – die sie selbst fantasievoll ausgestalten können (haben wir auch schon mit Avataren und verdeutlichenden Graffiti gesehen) – zu schätzen. Die Methode lässt sich aber auch für externe Mitarbeiter nutzen (zB im Nearshore-Bereich), als quasi globales, digitales Schwarzes Brett. Genau jetzt macht eine Analyse von Kanban-Software (welche die Kanban-Abläufe abbilden kann) wieder Sinn: zB Jira mit dem Add-on “Agile” (früher “Greenhopper“). Dieses Tool ist sicher nahe am Original, ist aber – wie erwähnt – lange nicht so kommunikativ.

ITIL und Best Practice waren gestern

Vielerorts geht es zunächst um die Reorganisation von Arbeit – bei einem Dutzend Mitarbeiter oder weniger. Der Infrastrukturbereich ist dabei meist noch chaotisch “organisiert” ist. Unsere Erfahrung zeigt, dass der Einsatz der Best Practices nach ITIL (IT Infrastructure Library) nicht einmal für ein ersten guten Ansatz reicht, damit im Tagesgeschäft die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit an den richtigen Themen arbeiten. Dafür sind IT- und Software-Projekte einfach zu unterschiedlich und zu individuell.

Oft sind der erhebliche Aufwand an Wartungsarbeiten oder die relativ geringe Bearbeitungsquote von Projekten und internen Verbesserungen der Auslöser.

Das beste Projektmanagement ist nutzlos, wenn man den Gesamtprozess inklusive Grundrauschen noch nicht verinnerlicht hat.- DI (FH) Christoph Heumader

Weniger Wartung, mehr Wertschöpfung!

Es gilt also, die Support Quote zu verringern, um die Aufgabenflut insgesamt besser bewältigen und mehr Zeit in zukunftsorientierte Projekte investieren zu können. Nur, wo anfangen, wenn es keine Prozesse dafür gibt oder sich zumindest niemand daran hält?

Durch die Kanban-Einführung definieren die Mitarbeiter sehr genau ihren Abarbeitungsprozess sowie die notwendigen Spielregeln – mit dem Erfolg, dass sie sich nun auch daran halten. Unter Anleitung eines Prozessverantwortlichen wird der Prozess regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und weiter optimiert. Damit reduzieren sich die Prozessverletzungen auf einstellige Prozent-Angaben. Für wirklich dringende Probleme wie Server-Ausfälle gibt es selbstverständlich eine “Fastlane” (mancher Orts auch “Firelane” genannt).

Mittlerweile ist der Kanban-Funke aus der kleinen US-IT in das zehnmal so große Global Information Systems und die operativen Einheiten übergesprungen. Immer mehr von den Teamaufgaben werden heute auf diese Weise transparent gemacht und vorangetrieben. Damit verbunden ist eine kontinuierliche Verbesserung, die sich aus den Informationen über Arbeitsfluss und Flaschenhälse speist.

IT als Kanban-Berater

Die gute Nachricht: Kanban funktioniert fast überall. Die schlechte: Das System hat seine Grenzen und kann so zB ein Projekt- und Portfolio-Management nicht vollständig ersetzen. Dafür eignet sich Kanban bestens zum kurzfristigen und effizienten Ressourcen- und Task-Management. Für viele ist das Kanban-Board ein wunderbarer Durchschleusmechanismus.

In einigen großen IT-Betrieben wird Kanban heute in den unterschiedlichsten Fachbereichen genutzt: in der Qualitätssicherung, Instandhaltung, aber auch im Marketing, beispielsweise um Leads zu bearbeiten oder Messen zu planen, ja sogar für Ausschreibungen im HR-Bereich und dazu noch als Instrument zur Bewältigung von Adhoc-Aufgaben.

Die IT hat sich mittlerweile quasi als interne Kanban-Beratung etabliert. Nicht selten sieht man wie interne IT-Mitarbeiter geholt werden, um die Zusammenhänge in anderen Abteilungen darzustellen und Tipps für die Umsetzung zu geben.

Erfolgsfaktoren für Kanban-Einführung

Damit die Kanban-Einführung ein Erfolg wird, sollten drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Management auf allen Ebenen muss hinter diesem Prinzip stehen.
  • Man darf den Veränderungsprozess nicht zu sehr pushen. Vielmehr muss er in den Köpfen der Leute ankommen, um sich von dort langsam und stetig zu entwickeln.
  • Das Vorhaben sollte kontinuierlich von einem Experten begleitet werden.

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Quelle: computerwoche.de

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